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. . . und dann hat`s wumm gemacht!

Eine neue F1-Straßenverkehrsordnung soll das Ärgste in der Formel 1 verhindern...

Hans Peter Voglhuber

Die Verschrottungsorgie zum Auftakt der Formel1-Saison scheint den Konzern- und Teamchefs einen ordentlichen (finanziellen) Schock verpasst zu haben. Wie die FIA künftig dagegen vorgehen will, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Nach welchen Kriterien will man denn auf einmal Rennunfälle beurteilen? Schließlich gibt es keine „guten“ oder „bösen“ Crashs.

Vom Menschen ist bekannt, dass er in Ausnahmesituationen anders reagiert, wie im Normalfall. Und Autorennen sind als Ganzes extreme Ausnahmesituationen. Es gab und gibt keinen Rennfahrer, welcher in seiner Karriere nicht „blöde“ Fehler gemacht hat, der vielerorts vergötterte Ayrton Senna inklusive. Gründe für menschliche Fehlleistungen gibt es viele. Ganz gewiss mit ein Grund sind die heutigen Formel1-Raketen, welche in manchen Situationen für die Fahrer längst zu schnell geworden.

Chancenlos:
Bei vielen Unfällen haben die Piloten nicht einmal mehr Zeit zu reagieren


Eben so eine Situation ist zum Beispiel der Start. Die Beschleunigungswerte eines F1-Boliden von null auf hundert, respektive von null auf zweihundert Stundenkilometer lassen dem Fahrer beim Start nur wenig bis gar keine Chance, im Fall des Falles noch wirkungsvoll reagieren zu können. Die immer häufiger auftretenden Massenkarambolagen nach dem Start sind dafür typisch. Denn wenn es an der Spitze schon gekracht hat, beschleunigen die mittleren und hinteren Startreihen noch immer, da sie zu diesem Zeitpunkt vom Crash im Vorderfeld meistens noch nichts mitbekommen haben.

Wenn die Fahrer aus den hinteren Startreihen endlich die Situation erfasst haben, sind sie schon viel zu schnell, sodass in vielen Fällen mehr das Glück als das Können entscheidet. Die Replays und Zeitlupen einer solchen Startbalgerei mögen im Fernsehen sehr schnell einen Schuldigen erkennen lassen, den Fahrern wird dennoch dabei häufig unrecht getan. Auf dem Bildschirm sieht so ein Massencrash nämlich viel langsamer und damit auch vermeidbarer aus, als er es in der Realität ist. Da sich derartige Szenen in Sekundenbruchteilen abspielen, sind die Fahrer in solchen Momenten oft überfordert und chancenlos.

Ein schlechter Witz:
Die neue "Strassenverkehrsordnung" wird die Formel 1 nicht spannender machen

Deshalb kann eine Zurückversetzung von „schuldigen“ Fahrern im nächsten Rennen als Strafe nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn ein Fahrer, der ganz offensichtlich vorsätzlich gemeingefährlich handelt, gehört ohnehin nicht auf eine Rennstrecke. Und ansonsten gilt: wo gehobelt wird, da fallen auch Späne. Dass mit der neuen „F1-Straßenverkehrsordnung“ F1-Rennen außerdem spannender würden, ist ein schlechter Witz. Er – der schlechte Witz – ist aber typisch für das absurde Denken, welches sich unter den Verantwortlichen des F1-Zirkus schon seit langem breitgemacht hat.

Selbstverständlich gibt es die kleinen und großen „Fouls“, welche von Fahrern aber eher im blinden Renneifer als eiskalt überlegt begangen werden. Ob zum Beispiel Michael Schumacher seinen Hintermann Montoya mit voller Absicht „erfolgreich“ auflaufen ließ, weiß nur Schumacher selbst. Aber wenn sich der Kolumbianer seine Dränglerei auch besser erspart hätte, denn Rennen werden in der Regel nicht in den ersten Kurven gewonnen, wäre im Falle einer absichtlichen Aktion Schumachers die ganze Geschichte als gefährliche Dummheit des Weltmeisters anzusehen und entsprechend zu bestrafen.

Schuldfragen:
Der Schlacht am grünen Tisch wird Tür und Tor geöffnet


Womit ich bei der Einser-Frage bin: Was wäre passiert, wenn aus diesem Mini-Crash eine Massenkarambolage mit ernsten Auswirkungen geworden wäre? Wie wäre da die FIA bei der Schuldzuweisung vorgegangen? Und was hätte wohl das hohe Rennsportgericht mit einem der weniger prominenten Hinterbänkler gemacht, wenn der einem Spitzenfahrer den Frontteil seines Renners amputiert hätte? Wären da die FIA und die betroffenen Teams auch so einfach zur Tagesordnung übergegangen?

Das darf bezweifelt werden. Und deshalb halte ich die angekündigte Vorgangsweise bei künftigen Crashs schlichtweg für unfair, weil zu befürchten ist, dass wieder - wie so oft schon - mit zweierlei Maß gemessen wird. Im Moment scheinen die Teams und die Fahrer mit dieser neuen „Straßenverkehrsordnung“ ja einverstanden zu sein. Aber bei der ersten „Verurteilung“ eines Top-Fahrers wird sich das garantiert ändern und der Schlacht auf dem grünen Tisch steht dann nichts mehr im Weg!

Ihr Hans-Peter Voglhuber

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